An jedem Fünften eines Monats will die freundliche Nachbarbloggerin wissen Was machst Du eigentlich den ganzen Tag? kurz wmdedgt. Bin ich dabei. Zumindest immer dann, wenn es reinpasst.
Passt. Wir haben Urlaub. Wir sind in Urlaub. Ich möchte niemanden neidisch machen, es gibt auch auf den ersten Blick keinen Grund dafür: Das Wetter ist nämlich schauderhaft, der Sturm tobt in den Wipfeln oberhalb des Hauses, er reißt an den Ästen und schüttelt die Bäume, er greift in Wellen an und brüllt in den Wald hinein, dann ist plötzlich wieder tiefer Friede, himmlische Ruhe. Nur für einen Moment, dann kommt der nächste Angriff, während der Himmel alle Schleusen öffnet und das Wasser gegen die Terrassentür schleudert.
Flöte ich mit Säuselstimme völlig übertrieben aufmunternd Kohoommt, wir gehen ein bisschen Gassi-Gassiii! zu den Hunden, glotzen sie mich mit schreckensweit aufgerissenen Augen an, Du hast wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank, höre ich es hinter ihrer Stirne murmeln, und letzten Endes haben sie ja recht.
Also bleiben wir alle im französischen Ferienhaus, Heizung an, Füße hoch. In aller Ruhe die mitgebrachte Bronchitis auskurieren, husten, schniefen und dabei aussehen wie die vertrocknete Hagebutte da ganz oben. Passt. Wird schon. In den seltenen Regenpausen schleiche ich in Gummistiefeln ums Haus und übe ein bisschen mit dem nicht mehr neuen Objektiv, vor dem ich aber immer noch ein bisschen Angst habe.



So vertrödeln wir die Zeit und den Vormittag, was für ein Luxus. Am Nachmittag wollen wir ins Städtchen, ins Museum, sonntags von 15 bis 18 Uhr hat es offen, lese ich auf der Website der Gemeinde. Leider nur bis inklusive September, das muss ich über-lesen haben. Schade.
Auf dem Rückweg machen wir kurz Halt an einem der unzähligen Denkmäler für die Toten des Zweiten Weltkriegs, auf dem riesigen Stein sind die Namen auf verschiedene Kategorien aufgeteilt, Deportierte, Kriegsgefangene, zivile Opfer und die auf dem Feld der Ehre Gefallenen. Um den Stein herum eine massive Gliederkette aus Eisen, die von einzelnen steinernen Pfosten getragen wird, die ihrerseits die Form von Raketen oder Sprengköpfen haben, so sieht es für mich zumindest aus, vielleicht sollen es auch gigantische Patronen sein. Es ist eine Art der Erinnerungskultur, die ich nicht zu kommentieren habe. Als Deutsche in den Vogesen schon zweimal nicht.
Unterwegs dann noch die Schilder Richtung US-War-Cemetery, einer der größten in Europa. Da mal wieder hinfahren die Tage, vielleicht. Nach den Namen der amerikanischen Soldaten schauen, die nach einem Flugzeugabsturz im Odenwald Ende 1944 als vermisst gelten, sie sind auf einer Mauer auf dem Friedhof zu finden, neben hunderten, tausenden von weiteren Vermissten.
Am späten Nachmittag in einer kurzen Regenpause noch eine Hunderunde. Über eine Wiese kommt wie aus dem Nichts ein riesiger, augenscheinlich zorniger Hund auf uns zugestürmt, das Fell gesträubt, laut und böse bellend, ganz nah kommt er an uns heran. Ich brülle Hau ab! Mach Dich vom Acker! und fuchtele wild mit den Armen. Und tatsächlich, der Hund dreht sich um und trollt sich. Von Weitem hat uns ein Mann beobachtet, der selbst mit Hund unterwegs ist. Il a compris!, ruft er lachend und winkt, und dann etwas holprig: der (H)und (h)at Deutsch verrrschtannnden!, und dann lachen wir beide.
Zum Abendessen gibt es Tomaten vom Bio-Tomatenmann im Dorf, er hat einen Rauschebart und sich auf alte Sorten spezialisiert. Grüne Tomaten, hell und dunkel gestreift, haben wir bei ihm gekauft, und es sind ohne Übertreibung die vielleicht besten Tomaten, die ich je gegesen habe. Ich werde da mal recherchieren müssen.
In der Dunkelheit ruft ein Käuzchen vom Waldrand her. Wie lange habe ich das nicht mehr gehört.


„In der Dunkelheit ruft ein Käuzchen vom Waldrand her.“ Da erwarte ich aber nun die Fortsetzung „Horrornacht in den Vogesen“.