Bis spät in die Nacht brummen rund ums Dorf die riesigen Mähmaschinen, das Licht der Scheinwerfer kriecht über die Wiesen, die Traktoren donnern mit vollbeladenen Anhängern am Haus vorbei, hin und her, her und hin. Endlich ist es mal trocken gewesen, aber die nächsten Regenwolken warten schon am nächtlichen Horizont, jetzt muß alles schnell gehen. Und überall gleichzeitig.

Viele Landwirte rufen die Kitzretter, bevor sie mähen, das ist sehr löblich, macht aber auch Arbeit. Unsere Truppe war am vergangenen Wochenende schon heftig im Einsatz, in der Abenddämmerung und im Morgengrauen, es hat sich aber gelohnt: Allein an diesen beiden Terminen orten unsere Drohnen 21 Kitze, die dann aus den Wiesen geholt und am Waldrand in einer Kiste vorübergehend gesichert und abgelegt werden.

Ich berichte in den sozialen Netzwerken von unserer ehrenamtlichen Arbeit und werde prompt von einem Menschen angegangen, der darauf besteht, dass die Landwirte gefälligst eigenhändig dafür sorgen sollten, Kitze nicht zu über-mähen. Er fuchtelt digital mit irgendeinem Tierschutzgesetz herum, DIE LANDWIRTE KÖNNEN SICH DOCH SELBER DROHNEN KAUFEN DIE KRIEGEN NOCH MILLIARDEN STEUERGELD, und überhaupt wäre es sinnvoller, Menschenketten rund um Wiesen zu machen, um die Mäharbeiten zu ÜBERWACHEN und dann genau zu dokumentieren, ob und wieviele Kitze der Landwirt schreddert. UND DANN ANZEIGEN!!!. Er schreibt das alles nicht in Großbuchstaben, aber es liest sich, als würde er in den Computer hineinschreien.

Ich bin dumm genug, mich auf eine Diskussion einzulassen, ich finde die Idee mit der Menschenkette und der Überwachung völlig beknackt nicht wirklich zielführend, weder für uns, noch für Landwirte und schon gar nicht für die Kitze, und auch für das Miteinander nicht unbedingt, und am Ende eskaliert es wie immer, ich sei halt sooooo toll ehrenamtlich unterwegs und soooo ein Gutmensch, schreibt mein digitales Gegenüber ironisch-zynisch, aber ich sei halt nur einer dieser naiven Freiwilligen, die sich ehrenamtlich engagieren, um sich dann damit zu brüsten, statt den Laden mal an die Wand fahren zu lassen. Aber ich solle doch gerne weiterhin aller Welt ununterbrochen berichten, wie toll (=dämlich) Kitzretter und alle anderen Ehrenamtlichen sind, ganz generell.

Ich habe das natürlich zugesagt, sehr zum Unwillen meines Gesprächspartners, ich werde nicht müde, das Ehrenamt über den grünen Klee zu loben, um Nachahmer zu finden. Wobei ich der Meinung bin, dass man bei manchen Ehrenämtern das Eine tun und das Andere nicht lassen muß: Ehrenamtlich unterstützen, aber gleichzeitig immer wieder der Politik (oder sonstwem) auf die Füße treten, wenn sich etwas ändern muß. Weil Ehrenamtliche ja bitte nicht die Kohlen aus dem Feuer holen sollen, wo der Staat vielleicht nur sparen will oder irgendwie versagt, man kennt das ja. So sei es und so bleibe es, bis in Ewigkeit, Amen. Naja, Sie wissen schon.

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Wenn Sie sich an dieser Stelle immer noch fragen, was das alles mit dem Foto ganz oben zu tun hat: gar nichts. Das Bild zeigt lediglich, wie das hier bei Pressekonferenzen so zugeht. Aus dem Leben einer Regionalreporterin, quasi. Wir können uns nicht beklagen, das war ein kulinarisch und auch inhaltlich angenehmer Termin heute vormittag. Und dann kommt am Mittag noch ein treuer Hörer ans Bürofenster im kleinen Städtchen, um sich zu bedanken für eigentlich alles, was wir so machen und berichten, und dann fummelt er in seiner Jackentasche herum und zieht einen Bonbon heraus, den er mir feierlich überreicht. Als Korrespondentin in Washington, Paris oder Berlin würde mir sowas im Leben nicht passieren, also alles richtig gemacht, karrieretechnisch.

10 Kommentare zu “Dies und Das vom Tage.”

  1. Ist mir alles total aus der Seele geschrieben. Zum Ehrenamt habe ich selbige Haltung – es ist gut, dass es die Menschen gibt, die sich engagieren, allerdings dürfen wir auch kräftig dem Staat auf die Zehen steigen. Vater Staat soll sich nicht an den Ehrenämtern abputzen dürfen!
    Ich selbst habe jahrelang im sozialen Bereich mit einem Lohn gearbeitet, der ein Ehrenamt vermuten lässt, aber immer 100% gegeben. Inzwischen finden sich in diesem Bereich keine Menschen mehr, die sich ausnützen lassen. Gut so!
    Liebe Grüße aus Österreich, C Stern

  2. Mir geht gerade wieder eine Frage durch den Kopf, die ich mir schon oft gestellt habe, aber nie beantworten konnte. Dabei ist sie möglicherweise von existenzieller Bedeutung:
    Warum, zum Geier, sind die Butterstückchen bei Buffets immer geriffelt?

    1. Das ist einfach: Dass se net so babbe = Damit sie nicht so zusammen kleben 😉 Liebe Grüße aus’m Odenwald

      1. Leuchtet ein. Aber ich hätt’s ohne Übersetzung verstanden, auch wenn mein Dialekt a bissl anders is.

    1. Bewundernswert ist hier allenfalls, dass ich es schaffe, an einem Sonntag morgens um 4 uhr aus dem Bett zu kriechen. Ich bin sehr stolz! ;)

  3. Liebe Ehrenämtler*innen und alle die davon profitieren (= die Gesellschaft),
    DANKE für’s Engagement und den sozialen Ausgleich der damit, zumindest im Ansatz, gestärkt wird.
    Schöne Grüße von einer Bürgerin!

  4. Ehrenamt und Nächstenliebe sind essentiell und der Kitt für unsere Gesellschaft.
    und….man muß es tun

  5. Wenn ich könnte, würde ich drei Herzen drücken, danke! Lieber Gruß aus Karlsruhe Britta Blank

  6. Es gibt Menschen, deren wesentlicher (Lebens-)Inhalt Empörung ist. Und da ist jede Diskussion ein überflüssiger EnergieRäuber.

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