Die Fans des 1. FC Huhn müssen jetzt ganz stark sein, uns ist da was Dummes passiert. Oder den Hühnern, wie Sie wollen. Jedenfalls geht das elektrische Hühnertürchen immer zur selben Zeit zu, die Sonne aber leider immer später unter. So begab es sich also, dass das Türchen gestern abend zuging, als es leider noch viel zu hell zum Schlafen war. Oder die Hühner haben getrödelt, was weiß denn ich. Jedenfalls standen sie gestern fast allesamt vor verschlossener Tür. Nur Junghahn Rüdi hatte sich bereits in den Stall begeben, wahrscheinlich geht er schon um 16 Uhr schlafen, das ist zwar mal wieder ziemlich peinlich, hat ihn aber in diesem Fall gerettet.

Jedenfalls stolpern der Gatte und ich gestern nacht noch durch den dunklen Auslauf, als wir das Malheur bemerkt haben, wir versuchen, Hühner von Zäunen und Ästen zu pflücken und sie händisch in den Stall zu bringen. Es gibt ein Geschrei und Geflatter und wilde Flüche, mein Geo verfängt sich mit den Pantoffeln in Brombeerhecken und Brennesseln, ich rutsche auf Knien durchs Gebüsch, in den Nachbarhäusern wackeln die Gardinen an den Fenstern, ah, die supi Journalistin und der große Künstler kriechen mal wieder auf allen Vieren durchs Gelände!, naja, Sie wissen schon.

Jedenfalls war das alles ganz und gar erfolglos, sollen die Hühner halt ausnahmsweise draußen übernachten, wird schon nix passieren. Hinter der nächsten Ecke saß da vermutlich schon der Fuchs, beobachtete uns und lachte sich ins Fäustchen, jedenfalls ist der jetzt satt, und wir haben ein Huhn weniger. Immerhin nur eines. Die Schaltuhr am elektrischen Türheber zum Stall habe ich dann heute umgestellt.

Den Wolf hatten wir noch nicht im Hühnergehege, wenigstens was. Dabei schleicht der hier seit einiger Zeit durch die Gegend, gar nicht weit von uns entfernt, ein inzwischen amtlich als dauerhaft ansässig anerkannter Rüde mit dem einprägsamen Namen GF37JK oder so ähnlich. Seit ein paar Tagen ist der baden-württembergische Odenwald deswegen hochoffiziell Wolfspräventionsgebiet, das ist schon ein dolles Ding, weil es überhaupt erst das zweite Gebiet dieser Art in Baden-Württemberg ist. Der Odenwald ist also mal wieder ganz vorne dabei, das ist er ja fast bei den allermeisten wirklich drängenden Themen, aber ich glaube, ich wiederhole mich.

So oder so ertappe ich mich dabei, nach dem Wolf Ausschau zu halten, wenn ich da draußen im Wald unterwegs bin, und ich bin das nahezu täglich und immer mutterseelenallein. Halb graut es mir, halb freute ich mich, ihn zu treffen, überhaupt habe ich zum Wolf zwei Meinungen, eine für und eine gegen. Es ist kompliziert.

Ländliche Geschenke gab es dieser Tage, der Gatte bekam zum runden Geburtstag einen schönen Ster Birkenholz, per Traktor angeliefert und fein säuberlich gesetzt (so nennt man das, was ich als irgendwie aufstapeln bezeichnen würde), das ist doch mal sinnvoll. Ausserdem wurde auch ich beschenkt, ich hatte jemanden in einer kleinen Not geholfen und erhielt zum Dank eine Flasche Wein und einen großen Eimer Kartoffeln. G’schenge muss ma esse‘ un‘ tringe‘ könne, sunscht tauge se nix!, sagt der saarländische Freund mit Odenwälder Akzent, ganz so weit würde ich nun nicht gehen, aber es gibt durchaus sehr viel sinn-losere Geschenke als Kaminholz, Kartoffeln oder Dosenwurst. Dosenwurst wird ja hier auch gerne geschenkt.

Und sonst so: Demnächst haben wir eventuell Glasfaserhochleistungssuperinternet im Haus. Nur so von wegen Der ländliche Raum auf dem digitalen Abstellgleis. Nix da. Wir haben dann Bandbreiten, die werden Ihnen in der Großstadt noch die Tränen in die Augen treiben, jahahaaa. Dabei sind wir jetzt schon gar nicht mal schlecht aufgestellt, angeblich kommen hier im Haus 100 Mbit pro Sekunde an, ich habe keine Ahnung, was das bedeutet, aber es ist schnell, das ist die Hauptsache. Wird dann aber noch schneller mit Glasfaser, kannste aber glauben, da muß man sich dann anschnallen, wenn wir im Dörfchen im hinteren hohen Odenwald, hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen, das Internet hochfahren, aber hallo.

Der Glasfaser-Vertrag ist jedenfalls unterschrieben und der Weg frei für die Gesamt-Glasfaserisierung des hiesigen Landkreises. 1200 Quadratkilometer ländlicher Raum, anderthalbmal so groß wie die Republik Malta, also bitte, und Glasfaser bis in jedes Haus. Odenwald bundesweit mal wieder spitze, logo. Oder sagte ich das bereits?

Und jetzt entschuldigen Sie mich, ich muß deswegen jetzt weiterträumen von dem Co-working-Space, von dem ich schon lange träume, drüben, im ehemaligen Kloster, das seit Jahren im Dornröschenschlaf liegt. Temporärer Arbeitsplatz für genervte Großstädter und Kreative und so. Glasfaseranschluß inklusive. Und vor den Fenstern Wolf und Fuchs und Ziegen und Kühe. Wenn Sie dann mal zum Arbeiten für ein paar Tage kommen wollen, kriegen Sie auch einen Kaffee bei mir, versprochen.

Update 1: Oh, das ging schnell: Der Freund ein paar Dörfer weiter hat den Wolf getroffen, face to face. Bei seinem morgendlichen Ausritt. (Also, der Freund, nicht der Wolf. Wölfe können nicht reiten.)

Update 2: Vor der Haustür stand heute morgen eine Geschenkpackung mit Dosenwurst. Sag ich doch.

5 Kommentare zu “Ländliches Allerlei.”

  1. Tja, die automatischen Klappen am Hühnerstall…. Bei uns hat es gestern auch ein Huhn erwischt, alle anderen waren rechtzeitig drinnen. Gefreut hat sich bei uns der Marder. Und nun stehen auch die Kinder mit wachsamem Auge vorm Gehege. „Da sind nur 4, Mama!“ Das 5. saß noch im Legenest zu später Nachmittagsstunde.

  2. Oh , das arme Huhn .
    Nun ja , der Fuchs muss auch leben … leider lernen die Hühner nichts draus. Und jetzt auch noch Zeitumstellung.
    Herrlich, ich finde solche praktischen Geschenke wunderbar. Aufgestapeltes Birkenholz ist ein traumhaftes Geschenk ?. Nachträglich alles Gute zum Geburtstag ?.
    Rotkäppchen und der Wolf hat mich geprägt, da ist mir ein gehöriger Abstand lieb .
    Und Glasfaser im ländlichen Raum ist großartig, da haben doch einige mitgedacht und sinnvollen die Zukunft investiert , statt auf dem Geld zu sitzen und es in bankrotten Geldinstituten zu verspielen .

  3. Das Wolfsrudel hier wird öfter gesehen. Es arbeitet sich gerade an nicht gut eingezäunten Schafen ab. Leider sind das Schafe des NABU oder diverser Ortsbürgermeister. Es werden also öffentliche Organe angegriffen. Mal sehen, wie es ausgeht. Den ersten Wolf hier hat ein Kölner Jagdpächter erschossen, es gab ein Riesentrara und einen Prozess. Wenn das nicht wäre, wären die Wölfe schon weg, da bin ich mir sicher. Im Nachbarparkreis fehlt schon ein Rudel. Umgezogen, sagen sie. Aha.

  4. Ich habe heute einem Freund vom Schicksal deiner Henne erzählt, und der meinte, früher, wenn eine Grippe umging, haben die Großeltern den Enkeln Hühnerbrühe gefüttert, und der Fuchs hat vermutlich nur Covid-Prophylaxe betrieben.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.