Mit einem eiskalt ausgeführten rechten Haken bekräftigt Badisch-Sibirien gleich zu Beginn der Herbst-Saison seinen Anspruch auf den Spitzenplatz der Bibber-Landesliga. Die Region trägt ihren Namen ja schließlich nicht ohne Grund. Wobei sich die Gelehrten streiten, woher die Bezeichnung nun tatsächlich kommt: Vom unwirtlichen Klima hier oben? Oder von der Tatsache, dass mißliebige Beamte aus Heidelberg, Mannheim und Darmstadt in früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten gerne hierher zwangsversetzt wurden? Wahrscheinlich beides.

Trotzdem große Hunderunde. Das Wetter kann uns mal.

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Der neue junge Nachbar legt einen neuen Garten am eben gekauften Haus an. Schließlich braucht das Kind Platz zum Spielen. Also wird alles, was entfernt nach Pflanze aussieht, abgesägt, herausgerissen. Die Mohnblumen und die langstieligen Tulpen. Die Sträucher und Büsche, in denen all die Jahre der Igel und die Kröte wohnten. Der alte Holunder mit der gigantischen Wurzel und die Brombeeren. Der Efeu und die blauen Bodendecker, die Gräser und Farne. Auf übermannshohen Haufen ist all das zusammengeschoben und wartet auf die Abfuhr. Rasen aus der Tüte soll es jetzt geben, schöner Rasen, sagt der Nachbar.

Der alte Kirschbaum hinten am Zaun steht noch, seine dicken Stämme recken sich in alle Himmelsrichtungen und hofften schon lange darauf, mal eine Kinderschaukel oder ein Baumhaus tragen zu dürfen, aber ich ahne, ich ahne. Und wenn zwischendurch die Motorsägen für einen Moment schweigen, können Sie mich leise schluchzen hören.

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Es wird Zeit, die Heizung aufzudrehen. Und Kaminholz ist bestellt.

14 Kommentare zu “Trostlos.”

  1. Oh mann…wieso zieht man denn aufs Land, wenn man keinen Respekt vor der Natur hat? Da würde ich auch weinen. „Schöner Rasen“. Du meine Güte. Dann kann man doch auch gleich in der Stadt bleiben und sich einen Steingarten anlegen ?

  2. Ja, die Sache mit der Fee im Holunder….puh, ich sag’s ihm besser nicht. Er macht nämlich ansonsten einen sehr freundlichen Eindruck.

  3. Das im Holunder die Hilda wohnt und den Hof beschützt, weiß kaum noch wer. Oder ist egal. Ich mag die Vorstellung und im winzigen Garten wird er einfach nur immer gut zurück geschnitten. Vielleicht ist es eine Familie aus der Stadt, oder haben es nicht mit Garten oder keine Zeit. Aber wenn er nett ist, der Nachbar, dann kann s ja noch werden.
    Der Wetterwechsel ist echt heftig
    Hoffe, Ihr habt trotzdem ein schönes Wochenende
    Liebe Grüße
    Nina

  4. Wenn ich meinen großen Holunder schneide rede ich immer mit ihm. Ein wunderbarer Baum der uns und allen Gartenbewohnern viel Freude macht. Hier im Allgäu ist das alte Wissen immer noch sehr verbreitet das der Holunder ein Schutzbaum ist und man lässt sie überall stehen.

  5. Kann ich über mit erzgebirgischen 2°C im Camper ;-)

    Die Geschichte mit dem Holunder ist mir allerdings neu. Da bin ich froh, dass wir keinen im Garten haben.

  6. Für den Bruchteil einer Sekunde stockte ich beim Lesen aber dann stand dort eben doch: mit der „…“ Wurzel.
    Und wie viele andere sicher auch habe ich innerlich laut nein! gerufen.
    Aber nun freut es mich sehr, zu lesen, wie viele sich eben doch noch darum scheren.
    Der Holunder ist ein Wächter und darf niemals ausgerissen werden. Wer das tut, holt sich das Unglück ins Haus.
    Danke, Friederike, heute freue ich mich mehr über die Kommentare, die dein Blog hervorbrachte.

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