Das Thermometer auf der Sonnenseite des Hauses zeigt heute früh um kurz vor 8 Uhr 35 Grad an. Für eine Region, die im Untertitel Badisch-Sibirien heißt, ist das ja schon recht knackig, und ich kann mich kaum erinnern, um diese Uhrzeit schon mal solche Temperaturen vom Thermometer abgelesen zu haben. Ach, was, früher wars im Sommer auch oft heiß, sagt mein Geo. Ja. Und nein. Egal.

Jedenfalls ist es so heiß, dass ich zwischendurch unbedingt abkühlen muss, also mit dem Marina-Dolphin-Badetuch (siehe oben) raus zur Marina Forellenteich. Dort wiederum ist das Wasser so arsch eiskalt, dass ich erst fast einen Wadenkrampf, dann fast einen Herzinfarkt bekomme, daraufhin schnaufend zurück zum Ufer schwimme. Nicht, dass ich noch untergehe und als Wasserleiche ende, wer will das schon.

Alles in allem war es also ausgesprochen erfrischend. Jedenfalls bin ich hinterher wieder munter und der Puls gefühlt auf 580. Froh bin ich, noch am Leben zu sein. Es sind ja so die kleinen Dinge, an denen man sich freuen sollte. Ich frage mich nur, wie die Forellen das überstehen: den ganzen Tag in diesem Eiswasser. Könnte ich nicht.

Natürlich fliegt, kaum, dass wir das Seegrundstück am Waldrand betreten, der Reiher vom Ufer hoch, dieses Drecksviech soll bloß zusehen, dass er verschwindet, himmelherrgottsacklzementnocheemool, der stolze Vogel schwingt sich lautlos und majestätisch auf, und nimmt aber direkt oberhalb auf einem Baum gleich wieder Platz. Ich sehe förmlich, wie er voll genervt die Augen verdreht und denkt Nicht die schon wieder, kann man hier nicht ein einziges Mal in Ruhe Forellen fangen?. Dann bleibt er da oben sitzen und beobachtet meine Schwimmübungen, hört zu, wie ich keuche und schnaufe und prustend unter- und wieder auftauche. Vermutlich hält er mich für eine Memme. Zwischendurch höre ich ihn kichern. Kunststück, der geht ja selber immer nur bis zu den Knien ins Wasser.

Ein bisschen neidisch bin ich aber doch. Wie der da oben so herumsteht, unsereiner käme da ganz schön aus dem Gleichgewicht. Und wie die Welt von da oben aussieht, überhaupt das ganze Weltgeschehen aus der Vogelperspektive, das wüsste man ja auch mal gerne. Oder vielleicht auch nicht.

Zum Weltgeschehen und zu den allgemeinen Nachrichten las ich folgende Erkenntnis: Wer zu lange hinguckt, wird stumpf. Wer zu lange wegguckt, wird kalt. Ich bewege diese Sätze seitdem im meinem Kopf hin und her. Man will ja weder das Eine noch das Andere. Es müsste irgendeinen gangbaren Mittelweg geben.

Ich werde mal den Reiher fragen, wie er das handhabt, wenn er von oben auf die Menschheit runterglotzt. Falls sich eine Gelegenheit ergibt, da draußen, am Forellenteich im Odenwald.

Ein Kommentar zu “Baden in Badisch-Sibirien.”

  1. Erfrischung kann man ganz herrlich nicht nur im kühlen Wasser haben – wir holen uns diese im Sommer gerne im Kinosessel. Heute haben wir das so gemacht, im großen Saal saßen 5 Leute. Zugegeben, der Film war keiner, der einen lächelnd zurücklässt, vielmehr war er den Vorkosterinnen in der Wolfsschanze gewidmet. Man überlegt es sich im Anschluss, ob man überhaupt noch Lust hat auf ein kühlendes Eis.
    Wenn ich zu lange auf das Weltgeschehen gucke, dann werde ich tieftraurig.
    Weiterhin viel Erfrischendes wünsche ich, liebe Grüße!

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