Falls Sie fünf sehr junge, hübsche Hühner ausgesetzt haben vermissen: Die sind mir gestern zugelaufen. Ja, zugelaufen. Genau gesagt: Freiwillig in mein Auto eingestiegen. Drei weiße, zwei schwarze. Sollten Sie die wiederhaben wollen: bitte, herzlich gerne, einfach kurze Nachricht. Ich war auf derlei Überraschungsnachwuchs nämlich nicht wirklich vorbereitet. Hatte aber keine andere Wahl.
Jedenfalls fahren gestern abend in der Dämmerung drei Frauen (also zwei Freundinnen und ich) über einen sogenannten Promilleweg durch den Wald, weit und breit keine Ortschaft, kein Hof, kein gar nichts, und dann stehen da plötzlich drei junge Hühnchen am asphaltierten Fahrbahnrand. Wie so Hippies oder Studis früher an der Berliner Avus oder an der Autobahnauffahrt Heidelberg. Daumen raus und abwarten. Per Anhalter durch die Galaxis, quasi.
Naja, und was unsereiner dann halt so macht: rechts ran, Warnblinkanlage, aussteigen, freundlich Guten Tag sagen. Sofort kommen zwei weitere Hühnchen aus dem Unterholz, alle fünf piepsen und fiepsen und laufen freudig auf uns zu. Oder verzweifelt, so genau ist das Gepiepe nicht zu deuten. Hier in der Ecke wohnen die Füchse, und da sollte man (meine Meinung) als junges Hühnchen nicht die Nacht im Freien verbringen, – schon zweimal nicht, wenn keine Mutter in Sicht ist, nirgends.
Also erst beraten, dann vorsichtig zwei gegriffen und ins Auto verfrachtet, wie so echte Hühnerfachfrauen. Die anderen drei verkriechen sich daraufhin leider doch im Straßengraben, unerreichbar im Gestrüpp, und die Freundin entscheidet: Wir retten alle oder keines! Nach mehreren erfolglosen Fangversuchen geben wir auf und entlassen die zwei schon gefangenen Tiere schweren Herzens wieder aus dem Auto in die inzwischen dunkle Nacht.
Man kann sich dann aber doch irgendwie nicht trennen, und so stehen bald drei Frauen und fünf Hühnchen ratlos auf der schmalen Straße mitten im düstren Wald. Alle Autotüren offen, die Warnblinkanlage blinkt, die Hühnchen piepen, die Frauen seufzen. Es fehlt eigentlich nur die versteckte Kamera.
Bis eines der Hühnchen beschließt, dass so ein Auto doch definitiv die bessere Übernachtungsmöglichkeit ist als der finstre Wald: es flattert also von sich aus mit aller Entschlossenheit auf den Fahrersitz, ihm folgt das zweite auf dem Fuße. Das dritte steigt auf die Rückbank und von dort mit großer Selbstverständlichkeit auf eine Kopfstütze, Nummer Vier und Fünf hopsen schneller in die geöffnete Hundebox hinten, als wir gucken können.
Dann: friedliche Stille, himmlische Ruh‘, und eine ausgesprochen entspannte Heimfahrt. Kein Gepiepe, kein Gefiepe. Die Beifahrerin vorne hat zwei zufriedene Hühnchen auf dem Schoß, der Rest der freundlichen Anhalter hat es sich auf dieser Fahrt in fremde Galaxien in den Hundekissen hinten in der Box bequem gemacht. Die zweite Beifahrerin, auf der Rückbank und mit den Gepflogenheiten des Landlebens noch nicht vollends vertraut, blickt stumm herum und wundert sich.



Jetzt also mal einleben im Stall und im Gehege, sich mit den Alteingesessenen arrangieren. Läuft soweit. Und wir müssen rausfinden, wer die Besitzer sein könnten, und um was es sich bei unserem Fund eigentlich genau handelt, – Hennen, Hähnchen, Alter, Rasse? Was man halt so macht, an einem Feierabend auf dem Lande, wenn man sonst so gar nichts Besseres zu tun hat, und wenn man im dunklen Wald von Hühnchen gleichsam überfallen worden ist, die dann auch noch zu Fünft das Fahrzeug kapern.
So fangen Horrorfilme an!, kommentiert einer in den sozialen Netzwerken, ich sag’s ja nur!.
Das ist das Verrückteste, was ich seit langem gelesen habe (Geschichten von Trump mal ausgenommen). Vielen Dank dafür.
Tolle Story!
Dazu fällt mir ein, dass bei meiner Freundin mitten in Darmstadt und im dritten Stock mal ein weißes Huhn vor der Tür stand…
Gruß von Sonja
HILFE!!! Das klingt wirklich spooky!
Och sind die hübsch! Was eine Szenerie, ich lach mich krumm. Wunderbare Piepserrettung! Hachz. Danke für dieses ‚was so aufm Land los ist ‚
Herzlichen Dank fürs Erzählen! So eine Schilderung erfreut mein Herz …
Viele gute Wünsche für alle tierischen + menschlichen „Beteiligte“ 💙
Margot
Also, erst einmal war ich ja schon vom Vorschaubild begeistert: Zuletzt ein sehr hübsches Blümchen, jetzt ein hübsches Hühnchen, was kommt als Nächstes?
Absolut umgehauen hat mich allerdings die Geschichte dazu. Sowas ist mir in meinen vielen Jahren des Landlebens dann doch noch nicht passiert! Andererseits: Junge Hühner. Die wollten bestimmt nur ins Blog.
Ich stelle mir gerade vor, wie die Hühner ohne Euch drei davon gefahren wären, nachdem sie den Wagen okkupiert haben.
Unglaublich!
Wunderbar!
Danke
Tolle Geschichte 😁
Obwohl einheimisch kenne ich keine Promillewege und bei solchen Anhalter möchte ich auch keine kennen, auch wenn das sehr hübsche Hühner oder Hähne sind.
Sensationell dein Beitrag. Wenn ich nicht persönlich dabei gewesen wäre, könnte man es für einen Aprilscherz halten!
Zum GLÜCK warst Du, wart ihr dabei!!
… und diese Geschichte übertrifft noch einmal die vielen vorangegangenen, die mich in Staunen, Bewunderung, Freude … versetzt haben.
Danke und schönen Gruß!!!
Was für eine irre, tolle, wunderbare, herzwärmende Geschichte! Vielen Dank, dass ihr die Kleinen gerettet habt!
Wunderbar!
Tolle Geschichte!
Aber es bleiben Fragen offen, z.B.: warum sind es nur fünf und nicht 42? Hatten die fünf ein Handtuch dabei? Wird in deren Anhalter-Version die Erde als „größtenteils harmlos“ beschrieben oder haben die noch die Vorgänger-Version? Wer hat die Pangalaktischen Donnergurgler getrunken? Was passiert mit den fünfen, wenn die Vogonen die Hyperraumumgehungsstraße bauen? Und: Ist das vielleicht ein PAL?
🤭
Die besten Drehbuchautor*innen könnten so eine Geschichte nicht erfinden. Herzerfrischend, die Rettungsaktion!
Da wünsche ich, dass die Hühner bald wieder zuhause einziehen können. Sie müssen doch jemandem fehlen.
Liebe Grüße in den Odenwald, C Stern
Was für eine schöne Geschichte!
Bei „Promilleweg“ kamen gleich die ein oder andere Jugenderinnerung an die 80er/90er in der Odenwaldhölle hoch :-D.
danke fürs erzählen, so wunderbar dieses erlebnis. könnte die story für eine kinderbuch- abenteuergeschichte werden. die viecher waren ja schlau, die testeten erst durch zwei, danach beobachteten sie. und als alles sicher war, stiegen sie gerne ein. bin gespannt, wie es sich klärt mit dem eigentümmer, sicher keine eigentümmerin. die hätte eingesammelt… habs gut, lieben gruß, roswitha
Ich habe eines deiner Hühnchen mitgenommen um in meinem Journal auf diese wunderbar geschriebene Geschichte hinzuweisen. Wenn dir das nicht recht ist, bitte Bescheid sagen. Habe leider keine eigenen Hühnerbilder. Grüße!
Alles gut! gerne mal einen Link schicken, wenn möglich. ;-)
Danke!
https://nightcat.one bzw. https://nightcat.one/2025/05/empfehlung/
Es ist wirklich nicht mehr als ein kurzer Teaser. Ich finde, die Geschichte sollte hier gelesen werden.
Das trifft sich gut! Ich suche nämlich einen Platz für ein bis zwei Junghähne aus meiner Naturbrut. Auf Drängen der Familie habe ich einem gluckenden Huhn befruchtete Eier untergelegt. Und tatsächlich sind am Ostermontag vier Küken geschlüpft. Die Hennen kann ich behalten, aber für die Hähne habe ich noch keinen Platz. Wie wär’s?
Nee, lass mal. ;-)
Das ist ja ebenso unglaublich wie das, was mir vor ca einem Monat passiert ist!
https://fjonka.wordpress.com/2025/04/18/das-glaubt-einem-ja-keiner-aber-es-ist-wirklich-passiert-grad-vorhin/
Fünf Hühnchen oder ein Nymphensittich. Am Promilleweg oder im Naturschutzgebiet…. gleich bleibt das schier unfaßbare Vertrauen, das uns Menschen entgegengebracht wurde, und das so wunderbar ist!
Viel Glück beim Finden von Infos und neuen Zuhausen, sofern die Kleinen nicht bleiben können.