Das Wetter ist gut, das finde ich schlecht. Ich finde eigentlich gutes Wetter auch gut, aber das Schlechte ist halt, dass Motorradfahrer aus der gesamten Großregion gutes Wetter gut finden. Und dann in den Odenwald kommen.

Nichts gegen friedlich vor sich hinblubbernde Motorräder, deren Fahrer Spaß an Liebe, Luft und Landschaft haben und auch mal rechts und links in die Gegend gucken, während sie so vor sich hinblubbern. Auf jeden dieser freundlichen Blubberer kommt aber mindestes ein Vollhonk, der mit gefühlten 200 Sachen noch durch die engste Kurven heult, und enge Kurven gibt es zuhauf im schönen Odenwald. Nach der Kurve wird dann auf gefühlte 300 Stundenkilometer beschleunigt, das aggro-Jaulen ist noch kilometerweit zu hören. Deutscher Wald, Du stehst so sti-hill-eee, ja, denkste, nix is mit Sti-hill-e. Ich bin in der Gegend eines versunkenen Dorfes unterwegs, begleitet vom Gejaule der motorisierten Todessehnsüchtigen. Der stirbt auch nicht im Bett, pflegte meine Großmutter zu sagen, mit Betonung auf Bett.

Diese Idylle jetzt mit Motorengejaule unterlegen. War aber trotzdem sehr schön da.

Bei jedem entfernten Aufjaulen kneife ich reflexartig die Augen zusammen und beiße die Zähne aufeinander, irgendwann muß es doch gleich krachen. Ich habe mal, das ist ein paar Jahre her, einen solchen Krach, diesen entsetzlichen Knall gehört, wenn ein sehr schnelles Motorrad frontal auf ein sehr schnelles Auto prallt, vielleicht fünzig Meter Luftlinie entfernt von mir. Dieses Geräusch und die absolute Stille danach vergesse ich mein Leben lang nicht.

Jedenfalls ist mir ein Rätsel, warum man seine Nahtod-Erfahrungen ausgerechnet im Odenwald machen muß, aber bitte, und immerhin habe ich an diesem ersten wirklich schönen Samstag im März noch keinen Rettungshubschrauber gehört, das ist doch schon mal was, naja, Sie wissen schon. Und ansonsten gilt die Devise: bestimmte, kurvenreiche Strecken am Wochenende einfach meiden.

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Der Gatte und ich, wir montieren einen hydraulischen Türschließerapparat, ein wundersames Ding. Ich führe schlaue Reden und lese die rätselhaft kryptische Anleitung vor, bilde mich dann noch kurz bei Youtube, wo ein französischer Handwerker auf rudimentärem Englisch die Montage erklärt, was die Sache nicht unbedingt klarer macht. Aber Et voilá!, sagt er triumphierend am Schluß, und bei ihm sieht das ganz einfach aus. Der Gatte bohrt und flucht, und Et voilá!, am Ende funktioniert alles, es ist nahezu unglaublich. Was man halt so macht an einem Wochenende auf dem Lande.

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Die Hühner fangen langsam wieder mit der Eier-Produktion an, Zeit wird es aber auch. Es gab schon Tage, da haben wir abends fünf oder sechs Eier aus den Nestern geholt, ich meine, das muß man sich mal vorstellen! So haben der Gatte und ich immer auch Gesprächsstoff, selbst an eher sprach-losen Tagen. Kommt er am späten Nachmittag aus dem Stall zurück, brülle ich die Kellertreppe hinunter Und????, er brüllt die Kellertreppe hinauf Sechs Stück!!, und damit ist alles Wichtige ja eigentlich gesagt. Beziehungen leben davon, dass man über die existenziellen Themen im Gespräch bleibt. Wenn Sie da in Ihrer Ehe ein Problem haben, sollten Sie sich vielleicht Hühner anschaffen. Ich sags ja nur.

14 Kommentare zu “Dies und Das vom Wochenende”

  1. Danke für die Erweiterung meines Wortschatze: Vollhonk – ich bin begeistert! Es wird mir beim Autofahren helfen; selbstverständlich rein gedanklich!

  2. Diese Vollhonks sind leider nicht nur im Odenwald, sondern auch hier im Sauerland – am liebsten in den sogenannten Applauskurven, von denen es hier einige gibt, seit dem 1.3. wieder unterwegs. Ich leide mit Ihnen. Herzliche Grüße- Andrea Stock

  3. Liebe Grüße aus dem Sauerland, wo es ebenfalls viele kurvenreiche Straßen gibt.
    Und sie werden es ahnen, dass auch ich bei schönem Wetter von Frühjahr bis Herbst zwiegespalten bin. Hätte ich in meinem ersten Leben in der Großstadt auch nie gedacht.
    Eine schöne neue Woche!

    1. Ich wohne hoch im Norden auf dem platten Land. Da kann man wie im Video heute schon hören, wer morgen zu Besuch kommt. Nicht schön.

  4. Ich würde mir ja gerne Hühner anschaffen, aber MEIN Gott e, ähmm- mein Gatte, will nicht. In seiner Kindheit hat er in der Regel für 100 Hühner sorgen müssen und das steckt in den Knochen. Nun ist aber genau dieses Gebäude, der ehemalige Hühnerstall wieder ungenutzt und ich träume weiter von vollen Hühnernestern und Nachbarn, die bei uns Eier kaufen.

  5. Bei uns im Main-Tauber-Kreis war dieses Wochenende auch wieder der Start für sämtliche Motorradfahrer. Da steht man im Wald, will die Stille genießen und freuht sich über den geernteten Bärlauch und die vorbeihuschenden Rehe und dann kommen diese Wilden…es wäre ja nicht so tragisch, wenn es nicht wirklich minutenlang zu hören wäre und einen dieses Geräusch auf Dauer nicht so agressiv stimmen würde…kaum hat man sich von der einen Gruppe erholt, rauscht schon die nächste an…so ein Umzug nach schwedisch Lappland ist wirklich in Erwägung zu ziehen. Keine Ahnung, ob es dort oben Bärlauch gibt aber Elche gibt es und KEINE rasenden Motorräder :)

  6. oh ja.. das ist schlimm
    und manchmal denke ich auch.. wer wird wohl heute abend nicht heimkommen :(
    hier am Rhein gibt es einige Strecken die für Motorräder gesperrt sind
    oder ein Geschwindigkeitslimit haben
    wäre im Odenwald sicher auch sinnvoll
    liebe Grüße
    Rosi

  7. Das ist halt leider das Schlimme, dass wie überall auch bei den Motorradfahrern ein gewisser Prozentsatz Unbelehrbarer, die meinen durch ihre Krawallkisten und Fahrweise den Kick zu bekommen, alle mit in die Tiefe zieht. An solchen Strecken, die faktisch reizvoll sind, bekommt man das als Anwohner oder Erholung Suchender dann geballt auf die Mütze. Obwohl ich selbst leidenschaftlich Motorrad fahre, kotzt mich diese Klientel ebenfalls an. So vermeide ich gerade an Sonn- und Feiertagen solche „Paradestrecken“ und fahre dann lieber unter der Woche und vormittags, wo davon ausgegangen werden kann, dass viele Anwohner auf Arbeit sind und man da weitestgehend niemandem auf den Wecker geht.

    Schaut man sich das allerdings ohne Scheuklappen und Fokus auf Biker an, wird sich schnell feststellen lassen, dass es bei der Vierradfraktion nicht besser aussieht. Die Tuningszene ist bekannt mit ihren allwöchentlichen Wettrennen und selbst im alltäglichen Verkehr geht es eigentlich nur darum, sein Kälbchen auszutoben, möglichst ohne dabei erwischt zu werden.

    Dabei bietet die Industrie selber noch das Material an, bei dem der Spießer seine Karre ab Werk ausstatten kann mit programmierten Fehlzündungen, Klappenauspuff und was es alles gibt. Da gehört seitens der Hersteller als auch vom Gesetzgeber soviel vorgegeben, dass die Fahrzeuge so leise wie möglich zu sein haben und solche Gimmicks gar nicht verbaut werden zwecks Umsatz.

    Manchmal hat man so den Eindruck, dass so am Ende der fossilen Zeit alle noch einmal komplett freidrehen müssen und Rücksicht auf Schwächere wie Fahrräder, Fußgänger oder einfach nur Anfänger oder Teilnehmer ohne übertrieben fette SUV-Protzkarre im Plan nicht vorgesehen ist – Hauptsache ich!

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