JungHahn Rüdiger lernt krähen, tritt ansonsten mit seiner Entwicklung leider aber auf der Stelle. Kompletter Stillstand in der Persönlichkeitsbildung. Er ist so saudumm wie eh und je, wir müssen es in dieser Deutlichkeit sagen. Betreten wir das Gehege, um Futter zu bringen und Futter mit weit ausladender Bewegung des Armes auszuwerfen, und wir tun das jeden Tag, den Gott werden lässt, – dann ergreift er hysterisch die Flucht, dicht an dicht mit den beiden ebenso hysterischen Rüdi-Sisters. Wir nehmen es zur Kenntnis und versuchen ansonsten, uns damit abzufinden. Wie im richtigen Leben, quasi.
Die Legenester, siehe Bild oben, sind zur Un-Zeit besetzt, es steht die Befürchtung im Raume, dass hier gegluckt und nicht gelegt wird. Regungslos sitzen die zwei da im Heu und bekommen einen etwas unerfreulichen Gesichtsausdruck, sobald ich den Stall betrete. Jahahaaa, produziert uns noch ein paar dumme Rüdis, ihr doofen Hühner. Es ist zum Weinen. Es ist ja derzeit überhaupt alles Mögliche zum Weinen, aber nun auch das noch.
Wir waren heute viel und lange in Bewegung, so ist das, wenn man auf dem Lande einen Impftermin hat und sich das am weitesten entfernte Impfzentrum ausgesucht hat, ach, fragen Sie nicht. Aber schön war die Fahrt, und als es wieder zu schneien (schneien!) anfing, waren wir schon wieder zuhause. Die legendäre Tante in Berlin Schöneberg fährt mit der Taxe ins Impfzentrum Messegelände, husch, husch, wir hoppeln 80 Kilometer durch Feld und Flur, Hoch auf dem gelben Wa-ha-gen, naja, Sie wissen schon. 80 hin und 80 wieder zurück.
A propos Bewegung. Über drei Stunden war ich im Wald, morgensmittagsabends jeweils eine gute Stunde mit dem Redaktionshund gelaufen, an einem ganz normalen Arbeitstag. Überhaupt bin ich dauernd draußen unterwegs, das Wetter ist mir dabei herzlich schnuppe, es zieht mich einfach raus, mein Geo hält mich inzwischen für sauerstoffsüchtig, und vielleicht hat er ein bißchen recht.
Aber, was heißt eigentlich ganz normale Arbeitstage, die Tage sind schon lange nicht mehr normal, aber wem sage ich das. Ich habe früher (Sie erinnern sich, vor Corona) meine Arbeitstage zur Hälfte damit verbracht, irgendwo herumzurennen, auf Termine, zum Auto, zurück ins Büro, immer im Laufschritt, schnell, schnell, immer gegen die Uhr, immer in körperlicher Bewegung, das ist in meinem Job so eine Art Berufskrankheit.
Jetzt sitze ich nur noch. Aus der rasenden Reporterin ist eine sitzende Reporterin geworden, ich kauere den lieben langen Tag vor dem Rechner, nach außen hin in nachgeradezu buddhistischer Ruhe, nur innerlich in Bewegung, mehr, als mir manchmal lieb ist. Ich renne auf keine Termine mehr, weil es keine mehr gibt. Ich renne keinem Interviewpartner mehr hinterher, weil ich sie anrufe und auf allerlei Arten interviewe, ihnen aber nie begegne. Ich sitze einfach da und arbeite so vor mich hin.
Und eile also stattdessen wenigstens morgensmittagsabends durch die Gegend, durch die Landschaft, ich versuche, den Körper in Bewegung und das Dröhnen im Hirn zum Stillstand zu bringen. Das ist eine ziemlich gute Methode und klappt auch meistens, und ich frage mich ernsthaft, wie ich das schaffen sollte, würde ich in einer Berliner Redaktion arbeiten. Oder in einer in der Innenstadt von München. Ohne jede Menge Wiesen, Wälder, Felder direkt vor der Bürotür.
Im Landkreis steigen und steigen die Infektionszahlen, jetzt gibt es wieder nächtliche Ausgangssperren. Irgendwelche Politiker empfehlen uns dringend, die sozialen Kontakte weiter zu beschränken, und ich denke so bei mir Hallo, soll ich mich von meinem Mann scheiden lassen oder hallo, soll ich mir selber morgens im Bad aus dem Weg gehen oder wie, viel mehr hab ich ja nicht mehr zu reduzieren. Naja, Sie kennen das.
Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich muß raus an die Luft, auf die Felder. Und danach die Glucken von den Legenestern scheuchen, wer will denn jetzt Eier ausbrüten, KANN IN DIESEM LAND NICHT MAL WIEDER IRGENDWAS NORMAL SEIN GEFÄLLIGST.
(Wobei: so Küken können ja auch sehr süß sein. Vielleicht sollte ich mich auf Küken freuen. Das werde ich jetzt einfach so machen, jawohl, ich freue mich auf Küken und hoffe nur inständig, dass kein zweiter Rüdi dabei sein wird. So sei es und so bleibe es, bis in Ewigkeit, Amen.)
(Aber wo sollen denn die Küken herkommen? Ich glaube, nicht mal das kann Rüdi. Fällt mir eben noch so ein.)
Dann schauen Sie doch mal, was aus den Eiern wird – oder nicht.
Ich glaube da muss ein ganz neuer Rüdiger her und ran , der bei den Hühnern/Glucken Ordnung schafft und Rüdi zeigt wie es geht. So kleine Küken sind doch herzig.
Spazierengehen sei kein Sport, habe ich unlängst gelesen.
Ich bin aber trotzdem, gerade auch wegen morgensmittagsabends, jeden Tag hundemüde.
Ausgangssperre, Ha ! Hundebesitzer haben es da gut.
Neulich rannten ein paar Jugendliche im Sprint an mir vorbei, nachts um 10, kurz darauf kam eine Wanne vorbei und ich wurde gefragt, ob ich gesehen hätte, wo die hingerannt seien.
Ja, hätte ich, da lang. Die Dame und der Herr in Uniform waren aber nicht ortskundig, weil gleich danach geht ein kleines Wegchen links rein, Hecken, Dorf und so…Am nächsten Abend erzählten mir die Jungs, ich traf Sie wieder an gleicher Stelle, Sie hätten unlängst jeder 250 € berappen müssen, wegen Aufenthalt nach 22 Uhr auf der Straße. Und beim nächsten mal würde es dann 1000 € kosten.
Also immer aufpassen !
Na, immerhin hattest du einen Impftermin. Als Journalistin, schätze ich mal: Risikogruppe? Ich bin nach wie vor Kategorie 3, und derzeit fangen sie gerade mit Gruppe 4 an. 5 ist durch oder an Altersschwäche gestorben. Nur, die Ü60er, was Gruppe 4 ist, davon gibt es ziemlich viele. Das kann dauern. Und ein Impfzentrum konnte ich mir auch nicht aussuchen, das wurde mir anhand der Postleitzahl zugewiesen. Es hätte alles Mögliche im Bayerischen Wald sein können, aber ich hatte Glück: 16 Kilometer mit dem Auto. Oder zweieinhalb Stunden im Bus mit zweimal umsteigen, weil es keine direkte Verbindung gibt. Ob das dann epidemiologisch sinnvoll wäre, das, lieber Leser, entscheiden Sie. Fortsetzung folgt.
Was deinen Hahn Rüdi angeht, ich kann sein Verhalten nachvollziehen, da ich in einem von Frauen dominierten Haushalt aufgewachsen bin. Selbst als „großer Bruder“ lernt man da, sich in Zurückhaltung zu üben. Oder man sucht sich neue Reviere.
Nein, nicht ich hatte den impftermin, der war für den Gatten,der ein paar tausend Tage älter ist als ich, hüstel. Bis ich dran bin, wird’s wohl noch ziemlich dauern.
Da habe ich gelacht, als es um noch mehr Kontaktbeschränkungen ging! Und eigentlich ist mir das Lachem im Hals stecken geblieben: von Mann und Tochter müsste ich mich scheiden lassen. Ich könnte sonst nur noch auf’s Präsenzeinkaufen verzichten. Aber Selbstversorgung schaffe ich nicht und nur noch liefern lassen?!? In diesem Frühjahr sind es drei Jahre, in denen ich NICHTS mehr bei A*mazon, dieser Krake, bestellt habe. Das geht, Pandemie hin oder her, und ist zur Nachahmung empfohlen.