Karfreitags habe ich traditionell schlechte Laune. Es mag daran liegen, dass ich furchtbar evangelisch bin, was weiß denn ich, es ist schon immer so. Ich wache schon schlechtgelaunt auf. Dabei müsste es richtiger heißen: Ich falle karfreitagsmorgens schon schlechtgelaunt aus dem Bett, um ziemlich genau 6 Uhr 15, jedes Jahr aufs Neue. Zumindest, seit ich auf dem katholischen Lande lebe.
Im Dorf nämlich sind dann die Klepperbuwwe oder wie die heißen unterwegs, die klappernden Jungen und Mädchen, die man sonst als Ministranten kennt. In normalen Jahren ziehen sie in großen Gruppen durch den Ort, schweigend oder leise singend, und doch dröhnend laut. Sie klappern mit Klappern und ratschen mit Ratschen, es sind ziemlich gräßliche Geräusche, aber mir gefällt dieser Brauch gut, und ein bißchen mindert er schon die karfreitägliche schlechte Laune. Es hat was schaurig-Schönes, wenn im Morgengrauen das unheimliche Klappern und Ratschen durchs Dorf zieht, mal näher kommt, sich wieder entfernt, wieder näher kommt.
Das Geklapper ersetzt das Geläut der Glocken, denn die Glocken sind ja für Karfreitag und Karsamstag nach Rom geflogen, der liebe Himmel weiß, warum, aber demzufolge können sie im Dorf nicht läuten, also wird geklappert, das ist ja eine durchaus pragmatische Lösung. Was Odenwälder Glocken allerdings in Rom zu suchen haben, noch dazu in Pandemiezeiten, das habe ich noch nie verstanden, muß ich vielleicht auch nicht.
Jedenfalls, Pandemiezeiten war das Stichwort: in diesem Jahr müssen die klappernden Mädchen und Jungs mehr oder weniger einzeln ran, große Gruppen is ja nich, und so schleichen einsame Gestalten bewundernswert gewissenhaft klappernd und ratschend durchs Dorf, dreimal am Tag. Das klingt ein bißchen mager und wirkt alles ein bißchen trübsinnig bis lustlos und frustriert, aber immerhin: Die Kinder und Jugendlichen schälen sich in aller Hergottsfrühe aus den Betten und laufen los, die Tradition bleibt erhalten. Und trübsinnig und lustlos sind wir ja eigentlich alle derzeit immer mal wieder, also bitte.
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Dauernd wünschen Menschen heute Frohe Ostern, mich befremdet das.
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Heute morgen auf der Hunderunde, quasi vor der Haustür, mal wieder verlaufen, so wurden aus 60 Minuten plötzlich 120, aber schön wars. Nein, es liegt nicht an meiner Orientierungslosigkeit, es liegt an den unendlichen Weiten des Odenwalds, die noch dazu zu jeder Jahreszeit anders aussehen. Glaube ich zumindest. Ich würde mich da jetzt aber nicht festlegen wollen. Jedenfalls sind wir am Ende tatsächlich wieder da gelandet, wo wir hinwollten, wir waren außer uns vor Wonne, so hatte der Karfreitag also auch eine äußerst erfreuliche Komponente.
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Auf dem Weg zurück durchs Dorf ein Ehepaar getroffen, sie verließen eben das gemeinsame Haus, beide in Wanderstiefeln und unterholztauglicher Klamotte, dazu riesige Rucksäcke auf dem Rücken, zusammengerollte Isomatte und Schlafsack inklusive. Zwei Tage wollen sie unterwegs sein, vielleicht finden wir eine Schutzhütte zum Schlafen, sonst eben unter freiem Himmel, im großen Bogen von der Haustür aus Richtung Neckar und zurück. Ich wurde ein bißchen neidisch. Ich sollte sowas auch mal wieder machen.
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Ausserdem denkt Herr Laschet nach. Ich halte das prinzipiell für eine gute Sache, der Mann ist schließlich Politiker und wird letzten Endes von mir mitbezahlt, da kann hin und wieder nachdenken nicht schaden. Und wir haben jetzt immerhin seit einem Jahr eine Pandemie, und die Zahlen auch hier in der vermeintlichen Idylle steigen und steigen, irgendwer schreit nach Lockerungen und Herr Laschet denkt nach. Ich weiß gar nicht, in welcher Funktion er eigentlich nachdenkt, ob er nur für sein eigenes Bundesland nachdenkt, oder für meines gleicht mit, aber das ist auch egal, nachdenken, wie gesagt, schadet nichts. Wenn wir nicht, siehe oben, seit einem Jahr eine Pandemie hätten und die Zahlen auch hier in der vermeintlichen Idylle, wie überall steigen und steigen würden, und so verursacht mir der nachdenkliche Herr Laschet dann am Karfreitag auch wieder nur schlechte Laune.
Gut gelaunte Hühnerstall bauende Grüße aus der nordheide in den herrlichen odenwald. Legen eure hühner an Ostern eigentlich bunte Eier?
Das mit dem „Frohe Ostern“ wünschen ist eine gut gemeinte Tradition. Sonst können wir ja gleich alle Bräuche aufgeben.
Ich wünsche auch frohe Ostern, aber eben erst nach Karfreitag und Karsamstag.