Klappern gehört zu Ostern.

19. April 2019

Am Karfreitag und am Karsamstag stehen sie um Viertel vor Fünf auf, sagen die Teenies. Ganz lässig. Ist doch logo. Und wieso? Weil es halt Tradition ist. Ganz einfach. So dämlich fragen können halt nur Zugereiste. Und wahrscheinlich auch nur Evangelische. Und die fallen dann auch an den beiden Tagen ab halb Sechs aus dem Bett. Geweckt vom ohrenbetäubenden Krach der hölzernen Ratschen und vom stimmbrüchigen Gesang der Jugendlichen.

ratschen

Die Klapperbuben sind unterwegs. Klapperbuben und Klappermädchen. Karfreitag und Karsamstag, ab dem Morgengrauen. Nur ganz selten gibt es diesen Brauch noch hierzulande, aber in unserem Dorf lebt er noch.

Wenn schon die Kirchenglocken drüben am Kloster schweigen, muß ein anderes Geräusch her, um die Gläubigen an Andachtszeiten und Gebetsstunden zu erinnern. Morgens, mittags, abends. Seit Jahrhunderten geht das so, und seit Jahrhunderten beklagt sich vermutlich kein Teenie, daß er zu nachtschlafender Zeit durch den stillen Ort schlurfen, singen und Krach machen muß, selbst wenn die Party vom Vorabend einem noch in den Knochen steckt. Ist halt eine Tradition.

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Am Karfreitag wird nur geklappert und gesungen, am Karsamstag dann auch geklingelt und gesammelt. Geldspenden und – noch viel wichtiger – Süßkram. Abtransportiert wird die fromme Beute in einem alten Bollerwagen. Die Heiligen Drei Könige kommen vielerorts schon mit eleganten schwarzen Samsonite-Rollkoffern, die Klapperbuben bevorzugen offenbar das traditionsreiche Gefährt, das selber schon ein bißchen klapperig daherkommt.

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wagen

Die ganze Dorfjugend, sonst eher unsichtbar,  ist auf den Beinen. Und am Ostersonntag und am Ostermontag steht ein Gutteil von ihnen als Ministranten wieder in der Kirche. Ausschlafen und Ferienfeeling ist anders.

Ist halt Tradition. So blöd fragen kann wahrscheinlich wirklich nur ein Zugereister.

Dieser Beitrag ist aus dem Archiv. An der Tradition hat sich nichts geändert. Deswegen heute nochmal. 

  • 12 Kommentare
  • Akaleia 19. April 2014

    Erstaunlich. ..sie haben ja doch Biss wenn sie wollen…hahaha…die Jugend!!!!Ist übrigens ein interessanter Brauch. Habe ich noch nie zuvor von gehört.
    Habt ein frohes Osterfest, liebe Friederike…und das mit den Brennnesseln ist auch meinen Hühnern geläufig…:-).
    HG Birgit

  • Waltraud Kessler-Helm 19. April 2014

    Das ist bei uns auch noch so…da stehst im Bett, wenn an nix böses denkst und der Lärm geht los…..aber ich find’s gut, dass die Jugend an der Tradition fest hält.

    • Michael Pohl 20. April 2019

      Die Osterburkener Minis machen das auch heute noch, sehr zu meiner Freude. Habe ich selbst über 15 Jahre lang als Ministrant mitgemacht. Nix mit entspannen über die Karwoche und Ostertage. War für mich ein Selbstverständnis und rückblickend ein starkes und positiv prägendes Stück meiner Jugend. Ach ja: Mein Kläpperle, wie das in Osterburken heißt, habe ich heute noch. Ich höre dann in diesen Tagen noch heute den auffordernden Zuruf der älteren Minis: Kläppern!!! Und los geht der infernalische Kläpperton.

  • Buchfink 20. April 2014

    Genauso wird das in meiner oberbayerischen Wahlheimat praktiziert. Aufgewachsen bin ich im Hohenlohischen, allerdings nicht auf dem Dorf sondern in Öhringen. Da gabs das nicht, war ja auch alles evangelisch und katholische Bräuche wurden verachtet.

  • Matthias Grimm 24. März 2016

    Tja, Tradition halt. Danke für das Wiedererwecken von Erinnerungen an lang vergangene Tage – auch wenn sich damals der eine oder andere das Murren nicht verkneifen konnte… ;-)

  • A.Müller 30. März 2018

    Hallo zusammen, lieben Dank für den tollen Bericht. Er hat mich an meine Kind/Jugendzeit als Messdiener zurück erinnert. Es war eine wirklich tolle Zeit. Bei uns war es genau so wie oben beschrieben. Zudem haben wir auch rohe Eier bekommen. Von denen wurde dann zum Ende im Pfarrheim für alle Rührei gebacken. Es war einfach toll. Vor allem hat es jedes Jahr aufs neue gezeigt wie stark der Zusammenhalt war. Ich freue mich schon drauf mit meinem, noch 2 einhalt jährigen Sohn auch soooo früh aufzustehen und als Begleiter mit zu gehen.

    Schalom
    Aus der Region Aachen

  • Franziska 19. April 2019

    Ich weiß nicht, ob man die Jugend hier in Bonn-Stadt dafür begeistern könnte. Oder vielmehr die Bewohner? Lach. Auf den Dörfern hier wird es vermutlich auch anders ausschauen.

    Liebe Grüße und einen schönen Karfreitag!

    Franziska

  • Die Schwalbe 20. April 2019

    Lach, als ich nur die Überschrift “Klappern gehört zu Ostern” gelesen hatte, dachte ich zuerst, dass damit die Störche gemeint sind.
    Danke für den schönen Osterbeitrag, man lernt echt jeden Tag was Neues.
    Wünsche ALLEN ein friedliches und wunderschönes Osterfest!

    • Franziska 20. April 2019

      Frau Schwalbe, ich wünsche dir auch ein schönes Osterfest und ein paar Sonnenstrahlen und das es nach Frühjahr duftet!

      Liebe Grüße zur Osternacht,
      Franziska

  • Gertraud 20. April 2019

    “Wir ratschen, wir ratschen den englischen Gruß, den jeder katholische Christ beten muss” (natürlich entsprechend im Tiroler Dialekt).Alternativ klappert die Ratsch’n auch vom Kirchturm……

  • Lea 26. April 2019

    Geschichte gelesen und gedacht – Schöne Tradition, aber davon hab ich hier ja noch nie was mitbekommen (Oberschwaben). Beim Osteressen kam dann die Erwähnung dieses Themas meinerseits und prompt wurde ich eines Besseren belehrt: Im Nachbardorf wird ebendiese Tradition ebenfalls gepflegt. Und ich als evangelische Nachbardörflerin hab nix mitbekommen. Aha. Schon wieder was gelernt :-)
    Vielen Dank dafür!

  • M. Krämer 26. April 2019

    Hallo, das ist auch bei uns ein schöner Brauch, den auch 2 meiner Kinder mitgemacht haben. Aber ich stelle in den letzten Jahren fest: geklappert wird, aber vom Gesang habe ich wenig mitbekommen, und das bei 20 Kindern.

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