Ich hätte den Tag gestern nicht vor dem Abend loben sollen, und ich hätte nicht behaupten sollen, dass ich noch drei von den ursprünglichen Anhalter-Hühnchen besitze, denn inzwischen sind es nur noch zwei. Und ein junges Australorp-Huhn fehlt mir auch. Die beiden Hühner fehlen nicht im tatsächlichen Sinne, ihre Überreste sind noch da, drölfzigtausend Federn und allerlei andere Unappetitlichkeiten, die von einem Kampf erzählen, den sie nicht gewinnen konnten.

Wir haben den Bussard im Verdacht. Am hellichten Tag ist er gekommen, gestern, und heute früh wohl wieder. Dieses Drecksvieh. Bussarde haben nicht die feinsten Tischmanieren, um es mal vorsichtig zu formulieren. Und wer dann morgens noch vor dem Frühstück vor blutig-zerfetzten Hühnerleibern steht, verliert vorübergehend jegliche Tierliebe zu diesen Raubvögeln.

Jetzt den Auslauf nach oben hin besser sichern. Aufrüsten. Erstmal provisorisch, auf die Schnelle, mit vielen bunten Wimpelketten, die kreuz und quer im Wind flattern. Das Hühnergehege sieht jetzt aus wie ein Wanderzirkus bei der Kindervorstellung, aber egal.

Um das kleine zugelaufene Hühnchen tut es mir besonders leid. Es ging hier nur als „Wilmersdorfer Witwe“ durch, mit schwarzem Federkleid und einem hochgradig albernen schwarzen Hütchen auf dem Kopf. Es fehlte eigentlich nur ein Handtäschchen in Lackschwarz.

So bescheuert sah es mit dem schwarzen Häubchen aus, so freundlich und handzahm war es andererseits, dass ich es besonders ins Herz geschlossen hatte. Und ich war sicher: selbst, wenn sich die Wilmersdorfer Witwe als Wilmersdorfer Witwer herausgestellt hätte, also als Hahn: das wäre kein Problem gewesen. Mit dem kecken Hütchen hätte es hier eh niemand für voll genommen, und als Hahnen-Konkurrenz schon gar nicht. Und so zerzaust, wie mein JoHahn heute wirkt, hat er sogar versucht, es noch zu beschützen vor dem Bussard.

Bescheuert aber eigentlich auch irgendwie, dass erwachsene Menschen in diesen Zeiten den Tod zweier Hühnchen bejammern. Oder auch nicht bescheuert. Keine Ahnung.

Naja, Sie wissen schon.

5 Kommentare zu “Ach, ach.”

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