Ehrenwald.

21. Februar 2022

Ich habe aktuell einen Lauf, wie man so sagt. Erst das abgetauchte Handy im Forellenteich, inklusive Fuß- und Arm-Bad im eiskalten Quellwasser. Dann habe ich dieser Tage die wichtigsten Schlüssel meines derzeitigen beruflichen Lebens verloren. Während ich beim Anblick des in Zeitlupe absaufenden Handys im Teich noch in eine gewisse Panik verfiel und kurz versucht war, komplett hinterher zu springen, habe ich in diesem Fall die Ruhe bewahrt.

Also, natürlich habe ich die Ruhe nicht bewahrt, ich bin 35mal kreuz und quer durch die Altstadt und am Flüsschen entlanggetapert, der Blick gesenkt, der Blutdruck erhöht, aber ich habe mir zumindest nichts anmerken lassen. Ich wohne schließlich im Odenwald oooooommm, da kommt nichts weg ooooommm, hier sind die Leute noch anständig ooooommmm

Und was soll ich sagen: am Montagmorgen kommt ein Anruf: Das Schlüsselbund ist in einer Schule abgegeben worden, von dort ist es zu einer anderen Schule getragen worden, von dort hat es jemand zum Bürgerbüro im Rathaus gebracht. Die freundlichen Mitarbeiter dort haben die Schlüssel dann ans Bauamt weitergeleitet, das ganze Rathaus wusste ja schon von dem Geschehnis, und dort wiederum habe ich sie abgeholt. Ich wohne schließlich im Odenwald, da kommt nichts weg. Odenwald ist Ehrenwald, kommentiert eine Userin bei Twitter, völlig zu recht.

Meine überschäumende Freude, mein ungläubiges, vermutlich großstädtisch geprägtes Erstaunen über das glückliche Wiedersehen mit dem ollen Schlüsselbund kann hier im Übrigen niemand so recht nachvollziehen. Schlüssel verloren, Schlüssel wird gefunden, Schlüssel wird irgendwo abgegeben, damit der rechtmäßige Besitzer sich freut, was ist daran besonders?, die Frau vom Radio übertreibt mal wieder, das alles ist doch ganz normal. Jo. Ersetze Schlüssel durch Brieftasche, Handy oder Schmuck: passt. Wir wohnen schließlich im Odenwald.

Odenwald ist Ehrenwald, ich werde diesen Spruch in meinen täglichen Sprachgebrauch aufnehmen müssen.

  • 5 Kommentare
  • Gabriela 21. Februar 2022

    Schöön, das wärmt die Seele 😊

  • Jutta Kupke 22. Februar 2022

    So ein ähnliches Geschehen kann ich auch beisteuern.
    Es hat am Abend unerwartet geklingelt.
    Draußen stand ein Mann vom Supermarkt um die Ecke und überbrachte meinem Mann seinen Ausweis.
    Er habe ihn im Markt gefunden und nach Dienstschluss kam er gleiche damit zu uns !
    Mein GÖGA hatte noch nicht mal gemerkt, dass er ihn verloren hatte ;-)
    Auch in einer Kleinstadt gibt es nette Menschen, wir haben uns sehr gefreut.
    Liebe Grüße

  • Hauptschulblues 22. Februar 2022

    Mei, ist das schön!!!

  • Siewurdengelesen 23. Februar 2022

    Es lohnt sich schon, an das Gute in den Menschen zu glauben;-)

    Das Meiste meiner versiebten Sachen ist auch wieder aufgetaucht. Selbst eine der berühmten Handgelenktaschen mit Geldbörse, Ausweisen usw. kam ohne Absender wieder an die Wohnanschrift zurück und es hat “nur” das Geld gefehlt.

    Angesichts des Aufwands für den kompletten Satz neuer Papiere, EC-Karten usw. war das m.E. noch der geringste Verlust, vor allem weil wir da kurz vor einem größeren Umzug standen. Das hätte also auch voll in die Hecke gehen können.

  • Alwin 23. Februar 2022

    Och, was ist schon so’n Schlüsselbund? Ich habe mal meine Geldbörse in der Nähe vom Geldautomaten liegen gelassen, in einem Anfall akuter Zerstreutheit, nehme ich an. Ich hatte den Verlust noch nicht einmal bemerkt, da stand der Herr Filialleiter höchstpersönlich vor meiner Tür und meinte, “Du hast da was vergessen”. Eine Dame habe den Geldbeutel bei ihm abgegeben. Ob jetzt Bayer- oder Odenwald, auf die Wäldler ist Verlass. In Berlin hätte ich das Ding nie wieder gesehen, meine ich.

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