Dies und das.

26. Juni 2020

Wird Zeit, dass ich mal wieder was in diesen Blog schreibe. Der letzte Beitrag ist ja schon wieder ewig her. Oder doch nicht? Ach, ich verliere den Überblick. Die Zeit verrennt. Und gleichzeitig zieht sie sich wie Kaugummi. Seit Monaten geht mir das so. Dass wir das unbeschwerte Leben ohne Mundnasenschutzgesichtsmaske genießen konnten, ist das nicht Lichtjahre her? Aber wo ist die Zeit dazwischen geblieben? Wie mit einem Fingerschnipp ist sie vergangen.

Das Zeit-Gefühl ist völlig durcheinander. Im Stillstand rast die Zeit. Und gleichzeitig scheint sie träge dahinzufließen wie abkühlende Lava aus einem Vulkan. Dieses merkwürdige Phänomen des abhanden-gekommenen Zeitgefühls ist aber angeblich normal. Das gehört zum Ausnahmezustand, zum coronösen Durcheinander dazu. Seit ich das neulich gelesen habe, bin ich etwas beruhigter. Ich dachte schon, ich wäre nun vollends bekloppt.

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Und noch was habe ich gelesen, das ist nun nicht ganz neu, erschien mir aber doch nochmal bedenkenswert: Wir alle hätten diese coronöse Auszeit nutzen müssen, nutzen sollen. Mal runter mit dem Alltagstempo, mal runter mit der ständigen Bewegung, dem ständigen Herumgerenne und -gemache. Funktioniert aber nicht, weil die Auszeit eben keine selbst gewählte Auszeit war und ist, sondern eine aufgezwungene. Und weil, mal nebenbei bemerkt, die Auszeit für Viele auch gar keine war, wenn ich an Mütter und Väter und Lehrer denke, wenn ich den Home-Schooling-Anekdoten des verehrten Herrn Buddenbohm folge, lesen Sie da einfach mal ein bißchen rum, nee, also nee, genüßliche Auszeit ist anders.

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Ach, a propos Zeit: Die Schwägerin in Cornwall vermeldet verzweifelt am Telefon, dass die Ausgangssperre für elderly people wie sie bis Ende August verlängert worden ist. Einmal in der Woche darf die Schwägerin das Haus verlassen, um ins Grüne zu fahren. Bitte nicht in eine Stadt und um Himmelswillen nicht einkaufen im Supermarkt, beides streng verboten. Bloß ins Grüne fahren. Einmal die Woche. Falls hier noch jemand jammern wollte.

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Und immer wieder denke ich: Was für ein Luxus, in diesen denkwürdigen Zeiten auf dem Lande zu leben. Naja, Sie wissen schon. Das scheint sich bereits rumgesprochen zu haben, und ich bilde mir ein, die hiesigen Immobilienpreise steigen in einer Geschwindigkeit, dass einem ganz schwindelig wird. In der Nachbarschaft wird ein Haus angeboten, das ist ein Viertel so groß wie das unsrige, kostet aber den doppelten Preis. Für die Interessenten aus der großen Stadt aber immernoch ein Schnäppchen. Kurz bin ich neulich versucht, bei einem Besichtigungstermin rüberzurufen Sie wissen aber schon, dass unser Hahn ab 4 Uhr 30 kräht?, aber ich lasse es dann doch. Ausserdem gehört der Hahn nicht mir, sondern dem Gatten, soll der sich mit den neuen Nachbarn rumschlagen, falls es da Probleme gibt.

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Mal wieder verlaufen, im Wald vor der Haustür. Fast nach Hessen rübergelaufen, oh, liiiiiebe Zeit. Und schon wieder bilde ich mir was ein: Noch nie wuchsen so viele Fingerhüte im Wald, noch nie so viele übermannshohe Disteln. Noch nie so viele Farne, noch nie so viele lila-rosa-pinkfarbene Blüten am Wegesrand. Der ganze Wald sieht aus, als habe der Bühnenbildner an der Schaubühne Berlin wieder tief in die Klischee-Kiste gegriffen. Bäääääääm!, voll der fette Märchenwald, wie ihn sich der großstädtische Theaterbesucher bei einem Stück von Anton Tschechow vorstellt. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn irgendwo noch ein Rotkäppchen oder ein Wolf unseren Weg gekreuzt hätte.

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Und apropos Hummeln und Schmetterlinge: Bei der Freundin auf der Terrasse tummeln sich all diese Viecher, es ist eine wahre Wonne. Schmetterlinge, Bienen, Hummeln und lauter so Zeugs fliegt da herum und genießt das Nahrungsangebot. In Töpfen und Kästen und Wannen stehen die Blumen und blühende Gewürze, die Freundin hat den berühmten grünen Daumen, auch auf dem Stück Wiese vor der Terrasse steht allerlei und wiegt sich bunt im lauen Sommerwind. Und regelmäßig kommt der motorisierte Sensenmann und mäht die ganze schöne Wiese mit Getöse platt.

Muß doch ordentlich aussehen, sagt er.

  • 6 Kommentare
  • nina. aka wippsteerts 26. Juni 2020

    Oh, hoffentlich gibt s nach dem Hauskauf nicht das Erwachen, weil plötzlich so viel Land. Hühner, Hahnengekrähe, Mist usw :)
    Schönes Wochenende, vielleicht im wunderbaren Wald, bevor es gewottert
    Liebe Grüße
    Nina

  • N. Aunyn 26. Juni 2020

    Mehr Klischeewald geht fast nicht mehr. Unglaublich. Bitte das Gesundheitsbulletin von Frau Liselotte nachreichen.

    • LandLebenBlog 27. Juni 2020

      Frau Lieselotte schießt durchs Unterholz wie eh und je. Bis zum nächsten Unfall. ;-)

  • Brigitte Augspurger 27. Juni 2020

    Der motorisierte Sensenmann hat immerhin den Hang zum Nachbarhaus ungemäht gelassen, auf meine Bitte hin. 5 qm unordentliche Natur… “Do schdehe doch Dischtle! Unn Brennessle!!Die misse weg!” sacht er. – “Noi”, sag ich, ” die brauche d’ Schmedderling!” – “Die solle wuannerschd hie!” – “Jo, wuhie dann? S’ gibd doch nirgends welche!” – “…na gut”, meinte er und ging. Jetzt hat er erstmal vier Wochen Urlaub.
    Nein, einsichtig war er nicht. Er hatte nur sichtlich keine Lust, vorm Urlaub auch noch die Motorsense auszupacken.

    • LandLebenBlog 27. Juni 2020

      ;-)

  • Alwin 28. Juni 2020

    > ist das nicht Lichtjahre her?

    Das Lichtjahr ist ein Maß für die Entfernung, nicht für die Zeit!

    Etwas mehr journalistische Sorgfalt bitte …

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